Wie wird eine Immobilie bei Erbschaft bewertet?
Die Bewertung einer Immobilie bei einer Erbschaft ist ein wichtiger Schritt, um den Wert der Immobilie für steuerliche und rechtliche Zwecke zu ermitteln. In Deutschland richtet sich diese Bewertung nach bestimmten Regeln des Bewertungsgesetzes (BewG), die sicherstellen, dass der Wert der Immobilie korrekt und nachvollziehbar festgelegt wird. Hier sind die wichtigsten Schritte und Faktoren zur Immobilienbewertung bei einer Erbschaft:
1. Verkehrswert/Marktwert ermitteln
Der Verkehrswert oder Marktwert einer Immobilie gibt den Preis an, der im gewöhnlichen Geschäftsverkehr zum Bewertungsstichtag erzielt werden könnte. Dies ist der Hauptmaßstab für die Erbschaftsbesteuerung. Es gibt mehrere Methoden, um den Verkehrswert zu ermitteln:
a) Vergleichswertverfahren
- Anwendung: Wird vor allem bei Eigentumswohnungen, Einfamilienhäusern und bebauten Grundstücken genutzt.
- Vorgehen: Der Wert der Immobilie wird anhand der Verkaufspreise vergleichbarer Immobilien (ähnliche Lage, Größe, Ausstattung) in der Umgebung ermittelt.
b) Ertragswertverfahren
- Anwendung: Besonders relevant für vermietete Immobilien oder Gewerbeimmobilien.
- Vorgehen: Der Wert der Immobilie wird auf Basis der Erträge (Mieteinnahmen) berechnet, die durch die Immobilie erzielt werden können. Zukünftige Mieteinnahmen abzüglich Kosten (z. B. Instandhaltung) werden kapitalisiert.
c) Sachwertverfahren
- Anwendung: Kommt zum Einsatz, wenn keine vergleichbaren Verkäufe vorliegen (z. B. bei besonderen Immobilien oder Neubauten).
- Vorgehen: Es wird der Wert der Immobilie durch die Kosten berechnet, die für die Errichtung des Gebäudes anfallen würden, abzüglich eines Wertminderungsfaktors durch Alter und Abnutzung.
2. Grundbesitzwert nach dem Bewertungsgesetz (BewG)
Wenn der Marktwert nicht durch ein Gutachten oder ein Vergleichswertverfahren festgestellt wird, ermittelt das Finanzamt den Wert der Immobilie gemäß den Vorgaben des Bewertungsgesetzes (§§ 179 ff. BewG). Dabei gibt es je nach Art der Immobilie unterschiedliche Bewertungsverfahren, ähnlich den oben genannten (Ertragswert, Vergleichswert, Sachwert).
- Bodenrichtwerte: Für unbebaute Grundstücke werden die Bodenrichtwerte der jeweiligen Gemeinde herangezogen.
- Mietniveaustufen: Für vermietete Immobilien fließen regionale Mietniveaus in die Bewertung ein.
3. Gutachten
Wenn Erben unsicher sind oder es sich um eine besonders wertvolle Immobilie handelt, kann auch ein Verkehrswertgutachten von einem Immobiliensachverständigen in Auftrag gegeben werden. Ein solches Gutachten kann im Streitfall oder bei besonders komplexen Immobilien vorteilhaft sein, ist jedoch kostenintensiv.
4. Immobilien in besonderen Fällen
In manchen Fällen gibt es Sonderregelungen, die bei der Bewertung zu beachten sind, z. B. bei der Bewertung von denkmalgeschützten Gebäuden, landwirtschaftlichen Immobilien oder eigengenutzten Immobilien.
- Eigengenutzte Immobilien: Es gibt Freibeträge (z. B. für den Ehepartner oder Kinder), wenn die Immobilie vom Erben für eine bestimmte Zeit selbst genutzt wird. Der Wert der Immobilie wird in diesen Fällen anders behandelt und kann unter bestimmten Voraussetzungen steuerfrei übertragen werden.
5. Steuerliche Relevanz
Die Bewertung der Immobilie ist entscheidend für die Berechnung der Erbschaftssteuer. Es gelten verschiedene Freibeträge, abhängig vom Verwandtschaftsgrad zum Erblasser:
- Ehepartner: 500.000 Euro Freibetrag
- Kinder: 400.000 Euro Freibetrag
- Enkel: 200.000 Euro Freibetrag
- Andere Erben: niedrigere Freibeträge
Die Höhe der Erbschaftssteuer richtet sich dann nach dem ermittelten Immobilienwert und der Steuerklasse des Erben.